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Gesundheit

Ruhe im Darm

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Reizdarm-Patienten leiden oft unter starken Bauchschmerzen. Viele klagen sowohl über Durchfall wie auch Verstopfung. Fotos: eddows, mythja - stock.adobe.com

Der Reizdarm gibt Medizinern noch immer große Rätsel auf: Der Darm ist aus dem Gleichgewicht geraten, aber oft ist unklar, warum. Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen elf und 20 Millionen Deutsche unter diesen wiederkehrenden Darmbeschwerden leiden könnten. Die Krankenkasse Barmer hat in einer Befragung ermittelt, dass jeder sechste Deutsche betroffen ist. Ein Report der DAK kam zu dem Schluss, dass die Krankmeldungen wegen hartnäckiger Verdauungsbeschwerden allein 2019 um 180 Prozent in die Höhe schnellten. Oft bleiben die Ursachen für die bei vielen häufig wiederkehrenden Beschwerden im Dunkeln. Neue Forschungsergebnisse deuten aber darauf hin, dass bei vielen die Ernährung ein Schlüssel für mehr „Ruhe im Darm“ sein könnte.     

Volkskrankheit Reizdarm: Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass insbesondere lösliche Ballaststoffe wie Pektine helfen können

Das Reizdarmsyndrom ist kein einheitlich definiertes Krankheitsbild: Oft leiden Betroffene unter Krämpfen im Bauch, Durchfällen, aber auch unter Verstopfung – oft sogar im Wechsel. Manche klagen zudem über Kopfweh, fühlen sich abgeschlagen, müde oder kraftlos. Was die Betroffenen eint: Die gesamte Verdauung ist aus dem Gleichgewicht. Häufig beeinträchtigt der „nervöse Darm“ die Lebensqualität der Menschen.

Wie ein gesunder Darm sich auf das gesamte Wohlbefinden des Organismus auswirkt, ist Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte. Mittlerweile haben Forscher Mechanismen entdeckt, um die Darmbeschwerden besser zu verstehen. Unter anderem an der Berliner Charité wird mittlerweile intensiv zum Thema Reizdarm geforscht. Dort läuft eine Studie mit rund 200 Reizdarmpatienten. Mithilfe eines winzigen Spezial-Mikroskops machen Mediziner dort das Innere des Darms sichtbar. 
      

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Apfelpektin bindet Gifte im Darm. Es steckt vor allem in der Schale der Früchte

Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Barriere der Darmwand gestört scheint, wie der Leiter der Studie, Dr. Reiner Ullrich, in einem Interview mit der Apotheken-Umschau deutlich machte. Bei rund der Hälfte der Probanden sei das der Fall gewesen. Konkret heißt das: Wenn die Barriere zwischen der Darmschleimhaut und der Darmwand nicht mehr richtig funktioniert, können Bakterien und Nahrungsbestandteile in die Darmwand eindringen.

Dadurch bringt der Körper die Immunabwehr in Stellung – und es kommt zu Beschwerden. Dieser Prozess aktiviert zudem auch die Nervenzellen in der Darmwand. Über die so genannte „Darm-Hirn-Achse“ kann das zu typischen Beschwerden eines Reizdarms führen: Diese umfassen eben nicht nur Verdauungsprobleme, sondern auch Kopfschmerzen oder allgemeine Kraftlosigkeit. Die Forscher von der Berliner Charité vermuten, dass bei einem Teil der Patienten neben externen Faktoren wie Stress vor allem Unverträglichkeiten von Weizen, Soja, Milch oder Hafer die Ursache für die immer wiederkehrenden Darmbeschwerden sein könnten und diese auch die Zusammensetzung der Bakterienkulturen im Darm auf ungünstige Weise verändern.

Diese vier Lebensmittel sind es auch, die die Studie untersucht. Können sich Betroffene vom Reizdarm befreien, wenn sie auf diese Nahrungsmittel im Speiseplan verzichten? So einfach ist es häufig nicht. Dr. Ullrich rät dazu, vor der Umstellung der Ernährung in jedem Fall einen Gastroenterologen aufzusuchen: um abzuklären, ob nicht andere Darmerkrankungen Ursachen der Beschwerden sind.

Sicher scheint nur: Die Ernährung spielt bei vielen Menschen mit einem „nervösen Darm“ eine entscheidende Rolle. Mediziner wie Dr. Ullrich empfehlen dabei, zum einen auf die unverträglichen Lebensmittel zu verzichten. Zum anderen ist die Forschung mittlerweile einig, dass neben hoch dosierten Probiotika – also aktiven darmfreundlichen Bakterienstämmen – lösliche Ballaststoffe eine entscheidende Rolle dabei spielen können, Durchfall, Verstopfung und Schmerzen zu lindern.

Zu den löslichen Ballaststoffen gehört beispielsweise das Pektin, wie es im Kerngehäuse und in der Schale von Äpfeln vorkommt. Pektine tragen dazu bei, dass im Darm genügend so genannte kurzkettige Fettsäuren entstehen können. Diese wiederum dienen besonders denjenigen Darmbakterien als Nahrung, die eine besondere Schutzfunktion für den Menschen haben.

Präbiotika wie etwa das Pektin „fördern das Wachstum von Darmbakterien wie Bifidobakterien und Laktobazillen und bewirken die Unterdrückung unerwünscht er Mikroorganismen“, heißt es beispielsweise in einer Forschungsarbeit der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz. Weitere positive Wirkungen des Apfelpektins: Es bindet Gifte in Darm, umkleidet die Wand des Darms mit einer schützenden Schicht, unterstützt Darmbewegungen und hilft damit, die Verdauung zu regulieren. Auch deshalb gelten Äpfel seit jeher als bewährtes Hausmittel bei Durchfall. obx